Orthorexie – Wenn Clean Eating zur Sucht wird

Lesedauer: ca. 6 Minuten
  • Orthorexie oder Orthorexia: eine Essstörung, bei der “gesund essen” zum Zwang wird.
  • Diese Art von Essstörung kann viele Menschen betreffen, die sich vegan ernähren, weil Veganismus sich für viele als “Clean Eating” offenbart – welches schnell zur Sucht werden kann.
  • In diesem Artikel erzählen uns zwei vegane Gastautorinnen, wie es zur Orthorexie kam und wie sie mit der Essstörung umgegangen sind.

Nur noch Äpfel – alles andere ist Gift für den Körper? Im Kopf eines Orthorexie Betroffenen (auch Orthorexia genannt) sind solche Gedanken Realität.

Bei der Orthorexie handelt es sich um das krankhafte Verlangen, sich gesund ernähren zu müssen. “Gesund” ist dabei nicht definiert und muss nicht tatsächlich immer gesund sein.

Essstörungen sind ein sehr reales und bekanntes Krankheitsbild. Anorexie, Bulimie oder Binge-Eating sind Begriffe, die den meisten von uns geläufig sind:

  • Bei der Anorexie wird das Essen weitgehend verweigert
  • BulimikerInnen übergeben sich im Anschluss an die Nahrungsaufnahme
  • die Krankheit des Binge-Eatings beschreibt ungezügelte Essanfälle, bei denen auf einen Schlag unfassbar große Kalorienmengen aufgenommen werden.

Teilweise treten die Verhaltensweisen in Kombination auf.

Extreme Umsetzung bestimmter Ernährungsweisen oder “Ernährungsmoden”, wie manch einer sagen würde, wie Low Carb, High Carb, Paleo oder aber auch eine extreme Angst vor bestimmten Lebensmitteln, einer gewissen Farbe oder Konsistenz können Anzeichen für Orthorexie sein.

Doch sobald Verhaltensweisen extrem einschränkende Tendenzen annehmen, die die Gesundheit nicht mehr fördern oder verbessern sondern viel mehr verschlechtern oder einschränken, ist Vorsicht geboten.

In diesem Artikel erfährst Du was Orthorexie genau ist und unsere Gastautorinnen Birgit und Katharina, inzwischen als veganes Model tätig, berichten wie sie mit Ihrer Esssucht umgegangen sind.

Gerade Fitness- und Gesundheitsbewusste sind durch Orthorexie gefährdet

vegan abnehmen

Besonders Fitnessliebhaber, die sich meist ausgiebig mit gesunder Ernährung befassen, sind von Orthorexie betroffen.

Sich gesund zu ernähren ist immer auch ein fixer Bestandteil der Gesundheits- und Fitnessszene. Was aber, wenn man das Ganze zu weit treibt, und die gesunde Ernährung selbst zum Problem wird?

Wenn ich schon so tief “drinstecke” in meinen antrainierten Essgewohnheiten, woran erkenne ich dann überhaupt, ob meine Ernährungsgewohnheiten bereits extreme oder ungesunde Züge angenommen haben?

Dr. Steven Bratman hat dazu in seinem Buch:

“Health Food Junkies: Overcoming the Obsession with Healthful Eating” 

ein Quiz vorgestellt, mit dem sich jeder ganz einfach mit einem Orthorexie Selbsttest selbst testen kann.

Wenn Orthorexie dein Leben beherrscht – Meine Erfahrung mit der Essstörung

Orthorexie Orthorexia Essstörung

Ich war gerade 18 geworden, und alle Türen standen mir offen, doch während meine Klassenkameraden in die Clubs gingen und nach dem Feiern einen Abstecher bei McDonalds machten, verbrachte ich meinen Tag zur Hälfte in meinem Bett und zur anderen Hälfte im Fitness Studio.

Ich war gefangen in der sogenannten Orthorexie – die Sucht nach dem ‘Clean eating’. Wie kam es dazu, in welchem Maße hat es mein Leben bestimmt und wie habe ich es wieder zu einem gesunden Verhältnis zum Essen geschafft? Dies und noch viel mehr werde ich dir im Verlauf des Artikels beantworten, und dir meine Geschichte dazu erzählen.

Die Entwicklung meiner Orthorexie Sucht

Mit Anfang 17 fing ich mich so langsam an für die Themen gesunde Ernährung und Fitness zu interessieren. Ich schaute mir YouTube Videos zu diesen Themen an, las Bücher und folgte einigen ‘Fitness Gurus’ auf Instagram.

Irgendwann habe ich mich dann einer Challenge gestellt und wollte von nun an auf jeglichen Industriezucker verzichten. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich schon einigermaßen gesund ernährt, allerdings ging ich immer noch mit meinem Papa Kuchen oder Eis essen, was eines unserer Rituale oder eher schon Hobbys gemeinsam war.

Du musst dazu wissen, dass ich aus einer ‘Schlemmer’- Familie komme. Bei uns zu Hause wurde nie sonderlich gesund gekocht, und es gab eigentlich jeden Tag Süßigkeiten, trotzdem waren meine Schwester und ich nie dick!

Diese Challenge bedeutete also einen Wandel meines Lebensstils und vor allem eine Veränderung meiner Nahrungsmittel. Ich begann nach gesunden Rezepten zu suchen, und kaufte immer mehr alternative Lebensmittel zur Süßung wie z.B. Agavendicksaft, Kokosblütenzucker, Stevia usw. Von nun an würde ich richtig gesund leben dachte ich!

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“Doch bei dem Verzicht auf Zucker blieb es nicht.”

Ich holte mir täglich neuen Input zum Thema (scheinbar) gesunder Ernährung, und war entsetzt wie viele Dinge eigentlich ‘ungesund’ waren, die ich jahrelang gegessen hatte.

Öle wurden verteufelt, Gluten, Zucker und verarbeitete Produkte im Allgemeinen wären mehr als schlecht für deine Gesundheit. Diese Dinge würden scheinbar zu Krankheit führen und dich dick machen. Ich wollte weder krank, noch dick sein, also beschloss ich auch diese Dinge nach und nach aus meiner Ernährung zu streichen.

Viel übrig blieb da nicht. Ich war gnadenlos diszipliniert mit meinen Verboten, und machte absolut keine Ausnahmen.

“Durch diese Einschränkungen nahm ich leider relativ viel ab, doch das war nicht mal das Schlimmste.”

Ich kapselte mich von meinen Freunden und meiner Familie ab. Von nun an standen das Fitness Studio und die ‘gesundeErnährung ganz hoch im Kurs bei mir. Egal wo ich hinging, sei es ein Restaurant oder nur zu meinen Großeltern, ich hatte entweder immer eine ‘gesunde’ Alternative für mich mit dabei, oder schlug das Essen was mir angeboten wurde einfach aus.

Orthorexie 1

Die Orthorexie hatte große Auswirkungen auf mein Leben

Ich war so streng mit mir, dass ich mir nicht mal einen Bissen erlaubte. Meine Familie machte sich daraufhin mit blöden Kommentaren bemerkbar und fing langsam an sich Sorgen zu machen.

Die Zeit verging und ich wog schließlich nur noch 47 kg bei 1,68 cm. Ich war nicht extrem magersüchtig, jedoch fehlte mir selbst bei diesem Gewicht schon jegliche Energie. Ich verausgabte mich im Gym, und verbrachte den restlichen Tag in der Schule oder in meinem Bett.

Mit Freunden traf ich mich immer weniger und mit meinem Papa Eis essen gehen konnte ich ja auch nicht mehr. Weitere Nebenerscheinungen waren das ständige Frieren, Kopfschmerzen, Schwindel, Unkonzentriertheit, Blähungen und Antriebslosigkeit. Meine Ernährungsweise orientierte sich an dem HCLF und dem Raw til 4 Prinzip.

Das bedeutet möglichst viele unverarbeitete Kohlenhydrate als Hauptenergiequelle, wenig Protein und wenig Fette. Raw til 4 bedeutet, dass man bis 16:00 Uhr versucht roh zu essen, und ab vier dann gekochtes/ verarbeitetes isst. Das trügerische bei der HCLF Ernährung war für mich das das Fett als Fettmacher dargestellt worden ist.

“Ich wollte nicht fett sein – ich mein wer will das schon?!”

Ich sehnte mich nach einem dünnen, durchtrainierten Bauch! Doch so sehr ich mich bemühte und auf all die ‘bösen’ Lebensmittel verzichtete, und fleißig Sport betrieb, das Sixpack blieb aus.

Stattdessen fing ich an einen Blähbauch zu entwickeln, der mein Selbstbild nur noch verschlechterte. Ich empfand mich von nun an als zu dick, was meinen Essens-Wahn und meine Orthorexie nur noch verschlimmerte.

Es ist wirklich Paradox, wie alles damit anfing mich gesünder ernähren zu wollen, und ich schließlich genau das Gegenteil erreichte und es mir absolut beschissen ging und ich mich von meinem sozialen Umfeld entfernte. Schließlich sprach mich meine Mutter auf meinen Zustand drauf an und sagte mir das Papa und sie sich um sich sorgten, und meinte es könnte so nicht weitergehen.

Raus aus der Orthorexie! Wie ich meiner Essstörung den Kampf ansagte

Meine jüngere Schwester war in der Zeit ebenfalls eine große Hilfe für mich, und stand mir in jeder Situation zur Seite. Ich wollte doch ein gutes Vorbild für sie sein. Somit fasste ich den Entschluss:

“Es muss sich etwas ändern!”

Leichter gesagt als getan, denn die Gedankenmuster und Verbote in meinem Kopf mussten erst einmal aufgelöst werden. Ich fing an mir nach und nach wieder bestimmte Lebensmittel zu erlauben. Ich kam in den Genuss von veganer Schokolade, Kuchen, Keksen, Burger und vieles mehr!

Das schlechte Gewissen überkam mich am Anfang noch sehr stark, und es hat bestimmt über ein Jahr gebraucht bis ich mir Lebensmittel ohne Reue genehmigen konnte, doch es hat sich gelohnt!

Ich nahm wieder etwas zu, und baute im Fitness Studio endlich Muskelmasse auf. Ich hatte wesentlich mehr Energie und der Blähbauch ließ auch nach, und das Wichtigste: Ich konnte wieder Quality time mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen!

Meine ‘Reise’ durch die Ernährungsformen und meinen körperlichen Wandel habe ich auf meiner Facebook Seite ‘Vegane Fitness Ernährung’ festgehalten, und irgendwann habe ich mich auch auf YouTube getraut.

Eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Ich habe seitdem so viele Mädels kennengelernt, die durch genau dasselbe gegangen sind und konnte viele essgestörte Mädchen die Angst vor Fetten, oder vermeintlich ungesunden Lebensmitteln nehmen.

Schau dir hier mein Video zu meiner Essstörung an:

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Heutzutage gönne ich mir regelmäßig Süßes und genieße mein Leben in vollen Zügen – und Oh Wunder ich bin immer noch nicht dick! Im Gegenteil, als ich anfing wieder normal zu essen habe ich die beste Form meines Lebens erreicht.

Ich halte meine Ernährung auf YouTube in Form von What I Eat in a Day (Was ich an einem Tag esse) fest, und ermutige so andere Mädchen eine Balance zwischen Kohlenhydraten, Proteinen und den durchaus wichtigen Fetten zu finden.

Meine Ernährungstipps – so kam ich von der Orthorexie weg

Ein durschschnittlicher Tag könnte bie mir dann so aussehen:

  • Frühstück: Obst + Haferflocken und Pflanzenmilch
  • Snack: Rohkost und Hummus Dip
  • Mittagessen: 1 Toast mit Erdnussbutter und Banane, und 1 Toast mit Avocado
  • Nach dem Training: ein veganer Protein Shake
  • Abendessen: Reis mit einem Kokosnuss Curry
  • Snack: Nüsse und Zartbitter Schokolade, oder eine andere vegane Leckerei

Solch ein Tag wäre meiner Ansicht nach Ideal, weil er mich mit allem versorgt was ich brauche. Des Weiteren nehme ich noch Vitamin B12 Tabletten zu mir, eine am Tag ist meiner Erfahrung nach ausreichend.

“Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass du bitte auf deinen Körper hörst, dich nicht stresst wenn du mal etwas ‘ungesundes’ gegessen hast, und das du dein Leben genießt!”

Ich bin der festen Überzeugung, dass das bewusste Genießen von Süßigkeiten, Burgern, Chips usw. und einer Kombination aus Sport absolut gesund ist, für den Körper und den Geist.

Auf meinem Youtube Kanal findest du weitere Ess-Inspirationen:

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Schlemmen und trotzdem schlank bleiben – Mein Update nach einem Jahr

Seit meiner Essstörung ist einige Zeit verstrichen. Tatsächlich habe ich einen Großteil der Zeit verdrängt und ich erinnere mich nur ungern daran zurück.

Umso erschreckender, als ich den alten Artikel von mir dazu gelesen habe. Wie verschwenderisch ich doch mit der kostbaren Lebenszeit umgegangen bin. Es ist definitiv ein Update nötig!

In den vergangenen Jahren hat sich viel bei mir getan, auch in Sachen veganer Ernährung. Ich bin schon lange nicht mehr strikt vegan. Trotzdem würde ich mich nicht zu den ,,veganen Aussteigern’’ zählen.

Es hat sich herausgestellt, dass eine Ernährung ohne jeglichen Verzicht am besten für mich geeignet ist. Ich ernähre mich noch immer überwiegend pflanzenbasiert und habe seit knapp 5 Jahren kein Fleisch mehr gegessen.

Dennoch möchte ich nicht auf den Kuchen verzichten, den mein Opa mit Liebe zu seinem Geburtstag gebacken hat. Genauso wenig, wie auf traditionelles Gebäck während meiner Italien Reise oder das vegetarische Mittagessen, welches mir in einem Waisenheim in Mexico angeboten wurde.

All diese Dinge gehören, für mich persönlich, zum Leben dazu. Ich liebe es neue Dinge auszuprobieren und andere Kulturen kulinarisch zu erkunden. Im besten Fall sind diese natürlich vegan, doch wenn sie das nicht sind ,,so what?’’.

Jeder trägt seinen Teil zum großem Ganzen bei und wenn sich jeder zu 80-90% vegan ernähren würde, wäre schon sehr vielen Tieren geholfen. Möchte ich damit sagen, dass eine vegane Ernährung nicht funktioniert? Auf keinen Fall! Ich liebe veganes Essen.

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