Interview über die Süßlupine mit Frau Dipl.-Ing. agr. zu Münster

Lesedauer: ca. 5 Minuten

Süßlupine - Blüte der weißen Süßlupine
Die Blüte der weißen Süßlupine

Hallo Frau zu Münster. Sie sind Dipl. Ing. agr. und Spezialistin für die weiße Süßlupine. Wie kam es dazu?

Das Interesse kam in Etappen. Ich meine, die erste Nachfrage nach Speiselupinen erhielt ich von einer Biobäckerin aus Passade vor ca. siebzehn Jahren. Damals fand ich das Thema schon interessant, recherchierte etwas, konnte aber keine Rohware erhalten und legte den Vorgang erstmal zur Seite. Jahre später – auf einer Felderfahrt in Uelzen zum Thema Braugerste – saß ich im Bus neben einem Agrarwissenschaftler der BayWa. Er war es, der mir spannend von der Weißen Lupine als pflanzlicher Eiweißlieferant für den Speisesektor berichtete und mich inspirierte, der Sache nachzugehen. Mit der Hilfe eines versierten Bio-Ackerbauberaters habe ich dann 2010 einen ersten Landwirt an der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern für den Anbau der Weißen Biolupine gefunden. Er hatte davon gehört, daß ein Landwirt auf Fehmarn vor Jahren schonmal die Hülsenfrucht erfolgreich angebaut hatte. Also wußten wir, dass es in unserer Gegend funktionieren kann. Zeitgleich konnte ich eine kleine Biobäckerei am Hamburger Dammtor für die Herstellung eines ersten Lupinenbrotes gewinnen.

Süßlupine Lupinenbrot, Lupinensamen
Lupinenbrot

 

Noch heute, nach 6 Jahren, steht unser Lupinenplakat  vor der Bäckerei. Inzwischen gibt es dort mehrere Backwaren mit Weißen Lupinen. Nach Auskunft der Bäckerei ist das Lupinenbrot (heißt dort Saatenbrot) inzwischen das umsatzstärkste Produkt. Wir sind inzwischen zu einem Arbeitskreis mit 13 aktiven Landwirten aus Nord- und Ostdeutschland herangewachsen, die insgesamt auf einer Ackerfläche von ca.150 ha weiße Lupine anbauen. Wir treffen uns mit der Gruppe zweimal im Jahr, um die Anbauerfahrungen auszutauschen. Ich fahre zu jedem einzelnen Betrieb ein- bis zweimal pro Vegetationszeit, die verhältnismäßig kurz ist. Die Lupine ist eine Sommerkultur. Sie wird im März/April gesät und im September/Oktober gedroschen.

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Was sind denn Lupinen überhaupt und was ist deren Besonderheit?

Süßlupine-Lupinenplakat für Lupinenbrot vor der Bio-Bäckerei am Hamburger Dammtor
Werbeplakat für Lupinenbrot vor der Bio-Bäckerei am Hamburger Dammtor

Lupinen gehören zu der Gruppe der Körnerleguminosen, die wie auch Ackerbohnen und Erbsen bei uns als Kulturpflanzen seitvielen Jahren angebaut werden. Als Kind erinnere ich mich auch daran, dass es sie auf dem Acker meines Großvaters gab. Damals dienten sie in erster Linie als Tierfutter oder/und als natürlicher Stickstofflieferant und Bodenverbesserer im Gemenge mit Getreide. Die Weiße Lupine ist die eiweißreichste Kulturpflanze des Nordens. Sie liefert zwischen 35 – 40 % Rohprotein mit allen essentiellen Aminosäuren. Im Wesentlichen ist sie in unserer Ernährung ein Fleischersatz und eine Sojaalternative oder –ergänzung.

Warum die Konzentration auf die weiße Süßlupine?

Sie ist die mildeste und schmackhafteste der Lupinenarten und hat überdem einen hohen Proteingehalt. Die Samen der Weißen Lupinen sind im Durschnitt größer und durch die viereckig-runde und abgeflachte Form von den anderen Lupinenarten leicht zu unterscheiden. In Ihrem Buch „Vegan kochen mit Lupine“ sind die weißen Lupinenkerne abgebildet, was mich freut. Sie gehören zu der Nische innerhalb der Nischen des Lupinenanbaus. In Deutschland gab es 2016 nach meiner Schätzung eine gesamte Anbaufläche von 200 – 250 ha, von der ca. 350-500 to geerntet wurden. Ich spreche hier auch nur von Weißen Bio-Lupinen. Der Anbau von konventionellen Weißen Lupinen ist meines Wissens geringer, weil es dafür im Gegensatz zur Weißen Biolupine noch keinen Markt gibt. Aber auch das könnte sich zukünftig ändern.

Wer kann den besonders von Ihrer Arbeit profitieren?

Süßlupine-Lupinenbauern auf einem Lupinenfeld
Lupinen-Landwirte

An der Basis sind es die Landwirte. Sie brauchen nicht nur Anbaualternativen für den Fruchtwechsel ihrer Anbaukulturen sondern auch neue, lukrative Märkte. Der Körnerleguminosenanbau insgesamt ist nicht so einfach. Es gibt zum Beispiel starke Ertragsschwankungen und verloren so in der Vergangenheit viele Landwirte das Interesse am Anbau. Bei der Weißen Lupine kommt eine gefürchtete Pilzerkrankung namens „Anthraknose“ hinzu. Sie ist für den Menschen nicht schädlich aber den Ackerbestand kann eine Infizierung, die insbesondere bei schwül-warmer Witterung während der Blütezeit sich rasch verbreitet, sehr stark schädigen.
Durch den Arbeitskreis und der ackerbaulichen Betreuung von Gustav Alvermann haben wir eine interessante Plattform für die wichtigste Gruppe im Lupinengeschäft: die Landwirte. Gleichzeitig mußte natürlich eine Vermarktung aufgebaut werden und da hatten wir ein Riesenglück, genau in die Zeit der steigenden Nachfrage nach vegetarischen und veganen Produkten zu geraten. Mit der Firma Zwergenwiese in SchleswigHolstein hatten wir einen ersten Großkunden für unsere Lupinen, der daraus Brotaufstriche herstellt. Von diesem Kunden mit freundlichen, professionellem Team, guten Preisen und Abnahmemengen wurde uns gleich ein Crashkurs zum Thema Qualitätssicherung mitgeliefert.

Für wen eignet sich ihr Buch “Weisse Süßlupine”?

Es war ein erster, zaghafter Versuch, den Endkunden über die Lupine zu informieren und gleichzeitig ein paar Rezeptideen mitzuliefern. Das ist Ihnen mit Ihrem Buch aber weitaus besser und professioneller gelungen. Auch ich habe die Weiße Lupine in Anbau und Vermarktung nicht erfunden sondern nur ein großes Stück vorangebracht. Sie tragen mit Ihrem Kochbuch zu einer weiteren Entwicklung bei. Das freut mich sehr.

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Süßlupine-Lupinenpflanze mit Marienkäfer
Lupinenpflanze

Welche Produkte aus der Süßlupine können Sie den Lesern empfehlen oder finden Sie selbst sehr lecker?

Die Carob-Schokolade mit Amaranth-Popp der Rezeptautorin Eva Euerl fand ich zum Beispiel ganz ausgezeichnet. Selten habe ich so etwas Aromareiches und Zartsüsses verkostet.

Gibt es Klischees (z.B. vegan = teuer), die sie aufräumen können, um dem Leser die „Angst“ vor veganer Ernährung mit Lupinen zu nehmen?

Süßlupine Frau Dipl. Ing. Agr. zu Münster auf einem Lupinenfeld
Frau Dipl. Ing. agr. zu Münster

Ich als Großhändlerin weiß ja nicht immer, was der Einzelhandel für Margen draufschlägt aber wenn 500 g Weiße BioLupinen zu 3 Euro angeboten werden, kann daraus viel gezaubert werden. Die trockenen Hülsenfrüchte werden ja noch verquollen und verdoppeln bis verdreifachen ihr Volumen. Ergo: viel Lupinenkerne für wenig Geld.
Viel entscheidender für die Zukunft der Weißen Lupine ist jedoch, daß der Preis für die landwirtschaftlichen Erzeuger hoch bleibt. Der Lupinenanbau ist wie gesagt nicht einfach und so müssen ertragliche Niederlagen mit einkalkuliert werden. Wenn der Preis aufgrund eines höheren Wettbewerbs zu stark sinkt, wird der heimische Anbau wieder zurückgehen. Es gibt genug interessierte und innovative Landwirte in der Pipeline, die mit der Zulassung von neuen Sorten im Jahr 2017/2018 gerne ebenfalls Lupinen anbauen wollen. Damit der Preis stabil bleibt, brauchen wir bis dahin eine vervielfachte Nachfrage.

Wie sehen Sie die Soja Pflanze im Vergleich zur Lupinenpflanze und welche Vor- und Nachteile haben diese ggf.?

Süßlupine-Blüte der weißen Lupine
Lupinenpflanze

Soja und Lupinen gehören beide zu der Familie der Körnerleguminosen und gegen Soja, das in Deutschland und Europa angebaut wird, gibt es sicher aus ökologischer Sicht nichts zu sagen. Ernährungsphysiologisch ist die Weiße Lupine fettärmer als die Sojabohnen und enthält nur einen geringen Anteil an den nicht unumstrittenen Phytoöstrogenen. Außerdem wird bei uns die Weiße Lupinen nicht als Futter vermarktet und es wäre schön, wenn das so bliebe.

Die Lupine und auch Süßlupine ist alkaloidhaltig, ist das nicht problematisch für den Körper?

Lebensmittelrechtlich gibt es hierzu Richtwerte. Danach dürfen nur die Lupinen als Speiseware vermarktet werden, die einen Alkaloidgehalt unter 0,02 % haben. Unsere Muster gehen zu dem bekanntesten Alkaoid-Chemiker Prof. Dr. Wink von der Uni Heidelberg. Wenn ich im Herbst die Lupinenmuster von den Landwirten erhalte, teste ich als erstes den Geschmack bevor sie in das Labor zur Analyse gehen. Mitunter auch schon auf dem Feld. In diesem Jahr sind sie schön mild.

Wie sieht es mit dem Anbau der Lupine aus. Müssen dort nicht zwangsläufig Kunstdünger, Pestizide oder Genmanipulation eingesetzt werden?

Süßlupine-Feld mit Lupinen
Feld mit weißen Süßlupinen

Das Betrifft den Ökolandbau insgesamt: Da diese ‚Hilfsmittel’ der Landwirtschaft nicht eingesetzt werden dürfen, muss der Landwirt ein hohes landwirtschaftliches Wissen haben um zu vermeiden, daß die Kulturen ‚verhungern’, verunkrauten oder mit schlechter Qualität geerntet werden. Ackerbaulich ist es jedenfalls möglich aber einfach ist es nicht.

Haben sie einige abschließende Tipps & Tricks für die Leser/-innen, die sich künftig intensiv mit veganer Ernährung & Lupinen auseinandersetzen möchten?

Ich bin ein großer Fan von Lupinen-Tempeh. Und das obgleich ich erstmal sehr viel Lehrgeld und Nerven in die Belieferung von Tempehreien investieren mußte, bis wir die beanspruchte Rohstoffqualität hatten. Für Tempeh werden sich aufgrund der Fettgehalte und –zusammensetzung ausschließlich Weiße Lupinen eignen. Wie auch in Ihrem Buch beschrieben, ist Tempeh ein Fermentationsprodukt aus Indonesien. Es wird gebraten oder fritiert und schmeckt mild-nussig. Das Aroma und die Bekömmlichkeit sind ganz hervorragend. Leider ist es bei den Verbrauchern noch recht unbekannt.

Süßlupine-Samen der Weißen Lupine
Lupinenkerne der weißen Süßlupine

Wer noch mehr über die Lupine erfahren möchte, kann im Archiv ein Fachbüchlein erwerben: Hanelt, P. (2006): Die Lupinen. Zur Botanik und Geschichte landwirtschaftlich wichtiger Lupinenarten. 2., unveränd. Hohenwarsleben: WestarpWiss.-Verl.-Ges (Die neue Brehm- Bücherei, Heft 265). Interessante Lektüre.

Elke zu Münster Dipl.-Ing. agr.
Hamburg, den 28. Oktober 2016
Brotbüro GmbH Vermarktung von Bioprodukten Osterstraße 58 20259 Hamburg

Kurze Anleitung zum Einlegen von weißen Lupinen

Zur Vorverarbeitung der weißen Lupine:

  • Über Nacht (mind. 12h) einweichen
  • Am nächsten Morgen mit frischem Wasser 1h kochen (eventuell auch länger, sie zerkochen nicht)
  • Salz erst nach dem Kochen zufügen
  • Etwas Natron zum Kochwasser geben

Können als Beilage oder z.B Mandelersatz in herzhaften Speisen eingesetzt werden (siehe Kichererbsen)

Lupinen in Salzlacke:

  • 500 g Lupinen 1,5 l Wasser kalt
  • 12 Stunden einweichen lassen)
  • Abtropfen lassen abspülen mit neuem Wasser bedecken
  • Vorsichtig kochen (ca 2 stunden)
  • Abtropfen, mit kaltem Wasser spülen, abkühlen lassen noch einmal mit kaltem Wasser bedecken, 30 g salz hinzu und am kühlen Ort (nicht Kühlschrank) 6 – 7 tage stehen lassen (Salzwasser 2 x am tag auswechseln).
  • Dann die Lupinen im Kühlschrank im luftdichten Behälter im Salzwasser aufbewahren.
  • Beim Servieren mit Zitronensaft bestreuen.
  • Vorsichtig kochen (ca 2 stunden)

Aromatipps:  Rosmarin oder Zitronenschale hinzufügen.

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